Die Stadt Balingen befand sich nicht nur räumlich gesehen im Zentrum des Unternehmens „Wüste“. Viele wichtige Einrichtungen und Organisationen des Unternehmens „Wüste“ waren in der Stadt untergebracht. Drei dieser Organisationen seien hier benannt:
Mit dem Beginn des Unternehmens „Wüste“ in der zweiten Jahreshälfte 1944 rückte die Organisation Todt (OT) in Balingen ein. Diese größte paramilitärisch organisierte Bauorganisation des NS-Staates wurde 1938 zunächst für den Bau militärischer Anlagen gegründet. Ihr erstes und auch bekanntestes Bauprojekt war der Westwall entlang der französischen Grenze. Ihren Namen erhielt die OT nach ihrem Gründer Fritz Todt.
Die OT war neben der Errichtung der KZ-Außenlager in Bisingen, Dormettingen und Dautmergen (die KZ-Außenlager in Erzingen, Frommern, Schömberg und Schörzingen existierten zu diesem Zeitpunkt schon) sowie für die Aufbau der „Wüste“-Werke verantwortlich. Dafür mussten, soweit die Arbeiten nicht durch Angehörige der OT ausgeführt werden konnten, die entsprechenden Firmen beauftragt, das notwendige Baumaterial sowie die Baumaschinen organisiert und vor allem die notwendigen Arbeitskräfte beschafft werden. Für das Unternehmen „Wüste“ waren zwischen 2 000 bis 3 000 OT-Angehörige (deutsche Zivilarbeiter und Zwangsarbeiter) in Balingen und Umgebung im Einsatz.
Die OT war in verschiedenen Gebäuden in Balingen untergebracht. Die Zentrale bzw. die Bauleitung für das Unternehmen „Wüste“ im Hotel Schwanen, in der Friedrichsstraße – hier steht heute die Balinger Hauptstelle der Volksbank Hohenzollern-Balingen.
Als Wohngebäude wurden außerdem das Evangelische Gemeindehaus in der Hermann-Berg-Straße sowie ein Teil der Sichelschule genutzt, die beim letzten Bombenangriff auf Balingen, kurz vor dem Einmarsch der französischen Streitkräfte, am 20.4.1945, schwer getroffen wurde.
Weitere von der OT genutzte Gebäude waren eine kleine Magazinbaracke, im Bereich der Balinger Kunsteisbahn. Eine weitere Baracke befand sich in der „Verlängerten Friedrichstraße“, wie die „Adolf-Hitler-Straße“ nach dem Einmarsch der Franzosen genannt wurde. Die Baracke in der heutigen Ebertstraße muss sich in direkter Nachbarschaft des alten Finanzamtgebäudes in der Jakob-Beutter-Str. 4 befunden haben. Verschiedene weitere Gebäude, die zum Teil auch als Werkstätten benutzt wurden, befanden sich auf dem Gelände zwischen der Schickhardtstrasse und der Eyach.
Mit zunehmender Dauer des Krieges wurden immer mehr deutsche OT-Angehörige für den Dienst in den Streitkräften eingezogen. Gleichzeitig erhielt die OT in den besetzten Gebieten ein immer größeres Aufgabengebiet. Das führte dazu, dass immer mehr Ausländer als Zwangsarbeiter in der OT arbeiteten bzw. arbeiten mussten. Ein sogenanntes „Ostarbeiterinnenlager“ befand sich in der Oberen Kirchstraße.
Eine der zentralen Organisationen für das Unternehmen „Wüste“ war die Deutsche Bergwerks- und Hüttenbau Gesellschaft m.b.H. (DBHG), eine 1939 mit Sitz in Berlin gegründete Tochtergesellschaft des reichseigenen „Hermann Göring Konzerns“. Die DBHG fungierte als Bauherr- und Treuhänderfirma des Deutschen Reiches, das heißt alle Verträge, Abmachungen und Bestellungen hatten über sie zu laufen. Die Geschäftsstelle der DBHG befand sich im Amtsgericht, heute Ebertstraße, damals Adolf-Hitler-Straße.
Weitere Räumlichkeiten, die von der DBHG genutzt wurden, befanden sich im Gebäude der ehemaligen Frauenarbeitsschule in der Filserstraße 9, in der sich seit dem Jahr 2008 das „Generationenhaus“ mit Einrichtungen mehrerer gemeinnütziger Organisationen befindet.
In Balingen wurde im Zuge des Unternehmens „Wüste“ die Zweigstelle einer Organisation eingerichtet, deren Geschichte bis heute kaum untersucht wurde, die aber im Zuge von Enteignungen von Grundstücken nicht nur im ganzen Reichsgebiet sondern später auch in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Ländern tätig war - die Reichsumsiedlungsgesellschaft. Ihre Entstehung ist in Zusammenhang mit der Aufrüstungspolitik und den Kriegsvorbereitungen der Nationalsozialisten und dem damit verbundenen Ausbau der Infrastruktur zu sehen. Dafür benötigte das NS-Regime die Möglichkeit, schnell und einfach auf das Eigentum an Grundstücken zuzugreifen. Das erste einer Reihe von „Enteignungsgesetzen“ war beispielsweise ein schon im Juni 1933 beschlossenes Gesetz zur Erleichterung von Enteignungen für den Reichsautobahnbau. Die Reichsumsiedlungsgesellschaft bewertete zunächst die betroffenen Grundstücke und Gebäude. Anschließende kaufte, pachtete oder enteignete sie diese. Im Jahr November 1944 mietete die Reichsumsiedlungsgesellschaft von der DBHG drei Räume in der damaligen Landwirtschaftsschule, in der Schulstr. 8.
Diese im Jahr 1923 gegründete Schule war, zusammen mit anderen Institutionen, im 1811 erbauten „Alten Schulhaus“, der späteren „Krottengrabenschule“, untergebracht. Das Gebäude, das 1980 abgerissen wurde, befand sich zwischen der heutigen Stadtbücherei und dem ehemaligen Gasthaus Adler im Bereich „Hinterer Kirchplatz“.