Frommern


Ölschieferwerk Frommern

Der Schiefersee und die Schwelhalle zeugen noch immer davon, dass in Frommem während des Zweiten Weltkrieges und in der Nachkriegszeit Schiefer zur Ölgewinnung abgebaut und verschwelt wurde. 

 

Die LIAS-Ölschieferforschungsgesellschaft begann im Frühjahr 1943 mit dem Bau des Ölschieferwerkes in Frommem. Es sollte eine Produktionsstätte industriellen Maßstabs entstehen. Ab März 1944 wurden bei den Bauarbeiten auch KZ-Häftlinge eingesetzt. Sie waren in einem von der SS unmittelbar beim Werk eingerichteten Lager untergebracht. Es bestand zunächst aus drei Baracken, bis März 1945 waren es fünf. Die Zahl der Häftlinge war insgesamt relativ gering; am höchsten war sie im Oktober 1944, als 179 Personen dort lebten und arbeiteten. 

 

Britische Luftaufnahm e vom LIAS-Ölschieferwerk, 15. März 1945. (National Collection of Aerial Photography, Edinburgh)
Britische Luftaufnahm e vom LIAS-Ölschieferwerk, 15. März 1945. (National Collection of Aerial Photography, Edinburgh)

Im Vergleich zu den größeren KZ-Lagern waren die Verhältnisse in Frommem für die Häftlinge erträglicher. Dennoch sind insgesamt acht Todesfälle zu verzeichnen, fünf davon infolge von Luftangriffen durch die Alliierten. Sie wurden auf dem Friedhof in Dürrwangen begraben. Wenige Tage vor Kriegsende, am 13. April 1945, trieb die SS die noch im Lager befindlichen Häftlinge zu Fuß in Richtung Dachau.

Bau des Kesselhauses , 1944
Bau des Kesselhauses , 1944

Das Frommerner Ölschieferwerk zählte nicht zu den zehn Werken des Unternehmens "Wüste". Was das Produktionsziel, den Einsatz von KZ-Häftlingen und die Gesamtorganisation (technisch und personell gesehen) betrifft, ist es jedoch dem Schieferölprogramm der NS-Regierung, dem sogenannten Geilenberg-Programm, zuzuordnen. 

 

Zur Verschwelung des Schiefers wurde in Frommern das Hubofen-Verfahren (Lurgi-Schweizer-Verfahren) eingesetzt. Dieses Verfahren sah eine Halle mit 24 Öfen, die jeweils drei Meter im Durchmesser und 6,5 Meter in der Höhe maßen, vor, welche in zwei Reihen entlang der Längswände zu installieren waren. Auf diese Weise sollte theoretisch eine Verarbeitungskapazität von 1000 Tonnen Schiefer täglich erzielt werden.

 

Die Baustelle bei Kriegsende
Die Baustelle bei Kriegsende


Bei Kriegsende war das LIAS-Werk in Frommrn noch nicht fertig gestellt. Doch es wurde unter Regie der französischen Besatzung weiter aufgebaut und konnte im März 1947 mit den ersten fünf Huböfen die Produktion aufnehmen. Im Juni 1947 fand die offizielle Eröffnung statt. Zuvor waren die in der regionalen Schieferölgewinnung tätigen Firmen zur 'Zentralverwaltung der württembergischen Ölschieferwerke" zusammengefügt worden. Anfang des Jahres 1948 ging die Verwaltung an das Land Württemberg-Hohenzollern über. Nun wurde der weitere Ausbau und Betrieb des Werkes mit Staatsgeldern finanziert.


Das LIAS-Werk Frommem in Betrieb, Winter 1948/49
Das LIAS-Werk Frommem in Betrieb, Winter 1948/49

Außer Treibstoff wurden im Frommerner Werk auch Heizöl, Bitumen, Paraffin, Kunstharz, Farben und Lacke hergestellt. Selbst eine medizinische Hautsalbe ("Balingol") gehörte zum Programm. Die Belastung der Anliegergemeinden durch schädliche Abgase und Abwässer war erheblich. Im November 1949 wurde das Werk schließlich wegen Unrentabilität stillgelegt. Der ehemalige Schieferbruch, 1950 bereits mit Wasser vollgelaufen, wurde bis Anfang der 60er-Jahre etwa zu zwei Dritteln aufgefüllt. Übrig blieb der heutige Schiefersee.




Im Schieferbruch: Dampfbagger beim Beladen der Feldbahnloren, 1947 (Foto: Seeger-Press , Albstadt)
Im Schieferbruch: Dampfbagger beim Beladen der Feldbahnloren, 1947 (Foto: Seeger-Press , Albstadt)
Bei der Demontage des Werkes, 1950
Bei der Demontage des Werkes, 1950
Am Rohschiefersilo: Beim Zerkleinern von Schieferbrocken, 1947 (Foto: Seeger-Press, Albstadt)
Am Rohschiefersilo: Beim Zerkleinern von Schieferbrocken, 1947 (Foto: Seeger-Press, Albstadt)
Das Werksgelände 1958
Das Werksgelände 1958
Destillationsanlage 1948
Destillationsanlage 1948
Baden im Schiefersee, etwa 1950
Baden im Schiefersee, etwa 1950